Sperr-Notruf 116 116: 20 Jahre im Dienst der Sicherheit.
Verlust gemerkt. Sofort gesperrt. Vorstandsvorsitzende Sandra Königstein über die Entwicklung des Sperr-Notrufs – von den Anfängen bis zur App und dem Anspruch, Menschen schnell und zuverlässig zu helfen.

Frau Königstein, seit 2005 können über den Sperr-Notruf verschiedenste elektronische Medien gesperrt werden – von der girocard bis zur SIM-Karte. Was bedeutet Ihnen das 20-jährige Jubiläum persönlich?
Der Sperr-Notruf hat sich über die Jahre zu einem stabilen, verlässlichen System entwickelt, das aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken ist. Wir sind stolz darauf, was wir gemeinsam mit vielen engagierten Partnerinnen und Partnern aufgebaut haben.
Was war rückblickend der entscheidende Moment für den Start?
Ein Schlüsselmoment war die politische Unterstützung in der Anfangszeit. Die Schirmherrschaft von Bundesinnenminister Otto Schily war ausschlaggebend für die Zuteilung der Rufnummer. Ohne diesen Rückenwind wäre vieles nicht möglich gewesen – das war für den Verein ein echter Durchbruch.
Der Sperr-Notruf ist seit 20 Jahren rund um die Uhr erreichbar – keine Selbstverständlichkeit, oder?
Ganz und gar nicht. Unsere Stärke liegt in der Kontinuität – seit dem ersten Tag läuft der Dienst ohne Unterbrechung. Diese Verlässlichkeit gibt Verbraucherinnen und Verbrauchern Sicherheit und Vertrauen. „Im Notfall helfen eine gut merkbare Nummer und eine menschliche Stimme“, hat Margit Schneider, Gründungsmitglied und langjährige Vorstandsvorsitzende, einmal gesagt. Genau dieses Prinzip hat sich bis heute bewährt.
Wie gut ist das System heute vernetzt?
Alle Banken und Sparkassen sind für die girocard Sperre angeschlossen, fast alle Kreditkartenherausgeber, ebenso die meisten Institute für die Online-Banking-Sperre. Auch Mobilfunkanbieter wie Telekom und Congstar unterstützen den Sperr-Notruf.
Wie hat sich die Bedrohungslage über die Jahre verändert?
Früher ging es vor allem um technische Angriffe – heute stehen die Menschen im Fokus. Kriminelle setzen verstärkt auf psychologische Manipulation, um an sensible Daten zu kommen. Und wir sind nun mal keine Maschinen – unter Stress oder Druck passieren Fehler, Geheimnisse werden verraten. Genau deshalb braucht es auch künftig einfache und verlässliche Schutzmechanismen wie den Sperr-Notruf, der im Ernstfall schnell hilft und Schaden begrenzen kann.
Was hilft, wenn einem die Vielzahl an PINs und Passwörtern über den Kopf wächst?
Heute muss man sich unglaublich viele Zugangsdaten merken – da ist es verständlich, dass der Überblick verloren geht. Ein Passwort-Manager kann enorm helfen. Sehr wichtig ist aber: Die PIN sollte man auswendig kennen und nie notieren. Auf pin-im-sinn.de gibt es einfache Merkhilfen, die dabei unterstützen.
Was ist aktuell das größte Sicherheitsrisiko?
Die Kombination aus Karte und PIN. Immer wieder zeigt sich das gleiche Muster – wenn Kriminelle Zugriff auf die PIN haben, war häufig Shoulder Surfing im Spiel oder die Geheimzahl wurde irgendwo notiert. Auch wenn derzeit viel über Social Engineering gesprochen wird, weil es die Betrugszahlen in die Höhe treibt, entsteht der größte Schaden bei der girocard immer noch ganz klassisch – etwa am Geldautomaten mit physischer Karte und PIN. Daher bleibt Aufklärung so wichtig. Auf kartensicherheit.de finden sich hilfreiche Tipps und Informationsangebote, um genau solchen Situationen vorzubeugen.
Was tun, wenn man Opfer eines Betrugs wird?
Dann gilt: keine Scheu, keine Scham. Das kann jeder und jedem passieren – besonders in Stresssituationen. Wichtig ist, schnell zu reagieren: Karten sofort sperren, die Bank informieren und Anzeige bei der Polizei erstatten. Nur so lässt sich weiterer Schaden verhindern. Wer betroffen ist, sollte sich trauen, den Betrug zu melden. Schweigen schützt nur die Kriminellen.
Welche Veränderungen beobachten Sie bei der Nutzung und Bekanntheit des Sperr-Notrufs?
Die Zahlen zeigen eine klare Tendenz: 2018 verzeichneten wir rund 1,3 Millionen Anrufe, 2024 waren es bereits 1,7 Millionen. Auch die Bekanntheit ist deutlich gestiegen – mittlerweile kennt fast jede oder jeder Zweite die 116 116. Das zeigt, dass unsere Öffentlichkeitsarbeit wirkt und der Sperr-Notruf bei den Menschen bekannt ist.
Wie entwickelt sich der Sperr-Notruf weiter?
Wir arbeiten kontinuierlich an Verbesserungen. Die SperrApp war ein wichtiger Schritt, damit Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Zahlungskartendaten sicher speichern und girocards in vielen Fällen direkt sperren können. Gerade Barrierefreiheit bleibt ein zentrales Thema: Die Website wird entsprechend optimiert; das bewährte Faxformular für Menschen mit Hör- oder Sprachbehinderungen bleibt erhalten.
Wie hilft die SperrApp im Ernstfall?
Die App ist ein sicherer Datentresor für alle Kartendaten – egal ob IBAN oder Kartennummer. Wer mehrere Zahlungskarten im Geldbeutel hat, behält so den Überblick. Geht das Portemonnaie verloren, sind alle Infos griffbereit und die Karten lassen sich schnell und gezielt über die Hotline sperren.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Ich wünsche mir, dass der Sperr-Notruf auch künftig das bleibt, was er heute ist: eine verlässliche Anlaufstelle, die Menschen schnell, sicher und unkompliziert unterstützt – unabhängig von Lebenslage oder technischen Voraussetzungen. Der Sperr-Notruf ist längst mehr als nur eine Nummer. Er steht für Orientierung, Vertrauen und Hilfe in Momenten, in denen es darauf ankommt.
Frau Königstein, vielen Dank für das Gespräch.