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06/2022

So bezahlen wir in Deutschland – im Vergleich zu anderen Ländern

Bezahlverhalten und Banking-Gewohnheiten im Spiegel von Studien, Statistiken und Länder-Rankings. Wie wickeln die Menschen Payment und Bankgeschäfte hierzulande ab – und anderswo? kartensicherheit.de zoomt auf das größere Bild.

 

Was sagen die verschiedensten Studien der letzten zwei-drei Jahre über die Payment-Realität von rund 83 Millionen Deutschen? Wo steht Deutschland im Vergleich zu den Nachbarn in Europa bzw. zum Rest der Welt? Und wer ist tatsächlich „Weltmeister“?

Bares ist immer noch Wahres in Einzelhandel und Restaurant
Wie haben Sie in den vergangenen 12 Monaten beim Einkaufen und Essengehen gezahlt? Im Rahmen einer weltweiten Verbraucherstudie gaben jetzt 72 % der Befragten hierzulande an, an der Kasse bar gezahlt zu haben – womit sich Deutschland im europäischen Mittelfeld platziert. 54 % der Deutschen zückten die girocard und 29 % eine Kreditkarte. 13 % nutzten ein Smartphone oder eine Smartwatch.

Eine Studie der Europäischen Zentralbank ermittelte für 2019 den Anteil von Barzahlungen auf 73 % innerhalb unseres Kontinents. In Deutschland hingegen lagen noch 2020 Barzahlungen bei 84 %. Nichtsdestotrotz wächst der Anteil der girocard im deutschen Bezahlalltag stetig. Die Kartentransaktionen, die sich in 2020 auf 5,5 Mrd. beliefen, haben 2021 um 8 % zugelegt; seit 2012 beträgt hier die durchschnittliche Steigerung pro Jahr 11,3 %.

Quelle: Statista Global Consumer Survey

Mobile Payment: Das Smartmonnaie nimmt an Relevanz zu
In Deutschland gelten aktuell 82 % der Bevölkerung als mobile Internetnutzer. Aber mobile Zahlungsdienste wie Apple Pay, Google Pay oder PayPal, in denen entweder Kartendaten hinterlegt werden oder über die Mobilfunkrechnung gezahlt werden kann, kommen relativ langsam voran.
Seit 2019 ist dieser Nutzeranteil um 7 % gestiegen auf derzeit 13 %; zuletzt war gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 2 % zu verzeichnen. Auch in anderen Ländern Europas wird das Smartphone eher verhalten zum Bezahlen eingesetzt, mit Ausnahme von Spanien (25 %). In der weltweiten Betrachtung bleibt Europa beim Mobile Payment deutlich zurück. Zu den USA ist der Abstand gar nicht so groß; in der Heimat von Apple Pay und Google Pay stagniert der Nutzer-Anteil seit 2019 auf dem verhältnismäßig niedrigen Wert von 18 %. Unangefochtener „Weltmeister“ ist China (rund 80 %), gefolgt von Indien (knapp 70%). Den größten Zuwachs seit 2019 verzeichnet Brasilien, das aktuell mit rund 35 % den dritten Platz weltweit belegt.
Hierzulande sieht eine neue ECC Paymentstudie des IFH Köln (Institut für Handelsforschung) einen „klaren Shift zur ausgedehnten Nutzung des Mobiltelefons“ trotz dominierendem Karteneinsatz. „Rund 32 Prozent der Smartphone-Besitzer:innen bezahlen an den Ladenkassen im Einzelhandel mindestens gelegentlich kontaktlos mit dem Smartphone; regelmäßig tun dies 18 Prozent. (...) 59 Prozent der Kund:innen, die bereits regelmäßig mit dem Smartphone am POS zahlen, wollen das zukünftig noch (viel) häufiger machen; für weitere 16 Prozent von ihnen wird der Griff zum Smartphone an der Ladenkasse nach eigener Prognose zukünftig Standard sein.“

Quelle: Statista Global Consumer Survey, Statista, IFH Köln

 

Mobile Banking: Die Senioren kommen
Immer mehr Menschen in Deutschland erledigen ihre Bankgeschäfte heute per Smartphone oder Tablet. Die durchschnittliche Nutzung ist auf 67 % angestiegen, wie eine aktuelle Bitkom-Studie zeigt. Bei der jüngsten Kundengruppe (bis 29 Jahre) verwenden gut drei Viertel ihr Smartphone zum Banking; bei den Senioren ab 65 ist der Anteil im vergangenen Jahr von 33 % auf 50 % angewachsen.
Laut einer aktuellen Studie von YouGov haben 59 % der Deutschen mindestens von einem Anbieter eine Banking-App heruntergeladen; bei den Männern sind es 62 %, bei den Frauen 56 %. Im Altersgruppen-Vergleich haben Millennials die Nase vorn. Aber es gibt auch deutliche Vorbehalte; 35 % der Deutschen wollen aus vielfältigen Gründen gar keine Banking-App. Wer sie nutzt, fragt vor allem den Kontostand ab, prüft Umsätze und tätigt Inlandsüberweisungen.

Die Studie können Sie hier downloaden.
Quelle: IT Finanzmagazin und der-bank-blog.de

 

Online-Banking: Von Europameister Skandinavien weit entfernt
Auch das Online-Banking insgesamt hat seit 2019 zugelegt und jetzt einen Nutzer-Anteil von 78 % erreicht, wie der Digitalverband Bitkom Ende Mai bekanntgab.
Zu einem anderen Ergebnis kommt eine aktuelle internationale Studie des Payment-Unternehmens Unzer: Demnach nutzt gerade einmal jede:r Zweite in Deutschland Online-Banking. Auch Statista spricht hier von 50 % Anteil in 2021.
Im europäischen Vergleich belegt Deutschland laut Unzer den 23. Platz von 27 Ländern. Doch das hat auch mit dem besonders dichten und guten Netz an Filialen und Geldautomaten zu tun sowie der Möglichkeit, Bargeld bei Discountern und Lebensmittelketten abzuheben. Am intensivsten wird Online-Banking in Dänemark genutzt (95 %), in Finnland (93 %) und den Niederlanden (91 %) – am wenigsten in Rumänien und Bulgarien (jeweils 15 %). Abweichend davon führt Norwegen mit 96 % das Ranking bei Statista an.
Im Bundesländervergleich führt Berlin mit 62 % Online-Banking-Nutzern, Schlusslicht ist Bremen mit 35 %. Die Anzahl der Online-Girokonten in Deutschland betrug 78,7 Mio im Mai 2022.

Quellen: IT Finanzmagazin, t3n und Statista

Online-Handel: Vizemeister und Hinterbänkler gleichzeitig
Wie die aktuelle Unzer-Studie zeigt, scheint zwischen Online-Banking und Online-Handel keine klare Korrelation zu bestehen. 76 % der deutschen Verbraucher:innen nutzen nämlich grundsätzlich Online-Shops und E-Commerce-Plattformen; ein ziemlich durchschnittlicher Wert im europäischen Ländervergleich.
Dabei ergibt der E-Commerce Hub Index von Unzer ein besonders heterogenes Bild für Deutschland: Zweitplatziert gemäß Jahresumsatz (99,9 Mrd. Euro) nach Frankreich (123,4 Mrd. Euro) – aber nur jeder fünfte Einzelhändler vertreibt seine Ware übers Internet – welches 87 Mbit/s „schnell“ ist (132 Mbit/s hat Dänemark).
Die häufigste Methode zum Bezahlen von Online-Bestellungen in Deutschland ist PayPal, mit einigem Abstand gefolgt von ähnlichen Payment-Anbietern; Zahlungen per Rechnung sind jedoch am umsatzstärksten, so dass ihr Marktanteil (28,3 %) PayPal doch leicht übertrifft (28,2 %).

Quellen: t3n, Unzer und Statista

Zu den Voraussetzungen bei Kaufkraft und Digitalisierung
Der harmonisierte Kaufkraftstandard bzw. das nominale Bruttoinlandsprodukt BIP je Einwohner:in lag 2021 bei 38.564 Euro, was Platz 8 In Europa entspricht. Zum Vergleich: Mit 89.544 Euro führt Luxemburg die Tabelle an, gefolgt von Irland mit 71.188 Euro; den niedrigsten Wert erzielt Bulgarien mit 17.864 Euro.

Bei der sog. Armutsgefährdung belegt Deutschland ebenfalls Platz 8 in Europa. Auf 18,5 % bezifferte sich 2020 der Bevölkerungsanteil der Personen, die mit weniger als 60 % des mittleren Einkommens der Bevölkerung haushalten müssen. Gleichzeitig hat Deutschland, nach Griechenland, den größten Bevölkerungsanteil, der durch Wohnkosten überbelastet ist.

Und wie schneiden wir beim digitalen Ranking ab? 76 % der 16- bis 74-Jährigen nutzen Onlineshopping – damit teilen wir uns mit Frankreich Platz 7 in Europa, Spitzenreiter ist Dänemark mit 93 %. Jedoch haben hierzulande nur 89 % der Haushalte Breitbandzugang, was im Jahr 2021 in Europa Platz 20, gemeinsam mit Lettland, bedeutet. Im internationalen Vergleich der Digitalisierung ist die Bundesrepublik 2021 zum zweiten Mal in Folge auf dem vorletzten Platz der sieben wichtigsten Industrienationen (G7) gelandet; im erweiterten Kreis der G20 Länder liegen wir weit abgeschlagen an drittletzter Stelle.

Quellen: Statistisches Bundesamt und Handelsblatt

Bildquelle: https://www.girocard.eu/