12/2025

Digitale Identität für das Smartphone – einheitlich in Europa.

Ein Gespräch mit Clemens Schleupner über die kommende EUDI-Wallet und ihre Vorteile. Behördengänge sollen leichter werden und wichtige Ausweisdaten sicher auf dem Smartphone verfügbar sein.

Digitale Wallets sind heute bereits auf vielen Smartphones zu finden, meist für Tickets oder Bezahlfunktionen. Mit der EUDI-Wallet kommt eine Anwendung, die mehr kann: Sie stellt amtliche Ausweise und Identitätsnachweise digital zur Verfügung. Im Interview erklärt Clemens Schleupner, was hinter der EUDI-Wallet steckt.

Herr Schleupner, was genau ist die EUDI-Wallet?
Die EUDI-Wallet ist mit bekannten Smartphone-Wallets vergleichbar, geht in ihren Funktionen jedoch weit darüber hinaus. Sie speichert persönliche Dokumente direkt auf dem Gerät, etwa Daten aus dem Personalausweis (eID), dem Führerschein sowie amtliche Nachweise wie Meldebescheinigungen oder Geburtsurkunden. Auch von Unternehmen ausgestellte Nachweise, z. B. von Versicherungen, sind Teil der Wallet. Ziel ist eine europaweit einheitliche Lösung für digitale Identifizierung und Authentifizierung, damit wichtige Ausweisdokumente sicher und überall verfügbar sind.

Wofür kann die EUDI-Wallet im Alltag genutzt werden?
Die Wallet dient vor allem der Identifikation. Persönliche Daten lassen sich damit schnell und sicher übermitteln, sowohl digital als auch vor Ort. Überall dort, wo Sie heute ein Dokument vorzeigen müssen: etwa bei der Kontoeröffnung, einer Polizei- und Grenzkontrolle, Carsharing-Anmeldung oder bei Online-Anträgen für behördliche Leistungen. Statt seitenlange Formulare auszufüllen, lassen sich künftig die benötigten Informationen einfach per Klick freigeben. Das spart Zeit und Aufwand.

Sie sprechen von „Freigeben“. Habe ich immer die Kontrolle über meine Daten?
Ja, das ist einer der großen Vorteile der EUDI-Wallet. Sie gibt keine Daten automatisch weiter. Nutzerinnen und Nutzer sehen jederzeit genau, welche Informationen angefragt werden und entscheiden selbst über die Freigabe. Übertragen wird auch nur eine Ja/Nein-Aussage, etwa bei der Altersverifizierung. Die Wallet bestätigt ein gefordertes Mindestalter, ohne das Geburtsdatum preiszugeben. Sie hilft also dabei, dass wir insgesamt weniger zum „gläsernen Kunden“ werden. Heute hinterlässt jeder Mensch im Schnitt rund 80 digitale Identitäten, etwa durch Newsletter-Anmeldungen oder Konten bei Onlinediensten. Mit der EUDI-Wallet erfolgt die Identifizierung künftig direkt über das Smartphone, und man entscheidet bewusst, welche Daten man teilt. Dadurch behält man deutlich mehr Kontrolle über die eigenen Informationen.

Welche weiteren Funktionen wird die EUDI-Wallet bieten?
Neben der sicheren Speicherung von Identitätsdaten wird die Wallet ein elektronisches Signaturzertifikat enthalten, mit dem Verträge rechtsgültig digital unterschrieben werden können. Hinzu kommt ein pseudonymer Login für mehr Privatsphäre im Internet. Langfristig ist auch eine Payment-Funktion geplant, die derzeit erprobt wird.

Wie sicher ist das Ganze und was passiert, wenn mein Smartphone verloren geht?
Die Sicherheit entspricht dem Schutzniveau einer Banking-App. Der Zugriff erfolgt über den Gerätecode oder biometrische Daten sowie eine eigene Wallet-PIN. Geht das Handy verloren, kann die Wallet gesperrt und zurückgesetzt werden, ähnlich wie bei der Bankkarte oder dem Personalausweis. Zudem wird es eine zentrale Stelle für Betrugs- und Missbrauchsmeldungen geben.

Wann wird die EUDI-Wallet verfügbar sein?
Die EU hat den 24. Dezember 2026 als Stichtag festgelegt. In Deutschland soll die Wallet am 2. Januar 2027 starten. Zunächst mit der Identifizierungsfunktion und zentralen Nachweisen wie Personalausweis, Führerschein, Meldebescheinigung und Versicherungsbestätigung. Weitere Funktionen folgen schrittweise.

Müssen die Bürgerinnen und Bürger die Wallet verpflichtend nutzen?
Nein, die Nutzung ist freiwillig und kostenlos. Unternehmen und Behörden müssen die EUDI-Wallet zwar akzeptieren, aber Bürgerinnen und Bürger können weiterhin andere Identifizierungswege nutzen.

Herr Schleupner, vielen Dank für das Gespräch.


Zur Person
Clemens Schleupner verantwortet bei der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) den Bereich Partner Integration und begleitet die Einführung der deutschen EUDI-Wallet. Sein Schwerpunkt liegt auf der Zusammenarbeit zwischen Behörden, Wirtschaft und Technologiepartnern. Zuvor leitete er beim Digitalverband Bitkom den Bereich Digitale Identitäten und Vertrauensdienste.