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09/2021

Was gibt’s Neues beim
Instant Payment?

Interview mit Dr. Ralf Schopohl zum aktuellen Stand der Entwicklung bei der Echtzeit-Überweisung. Firmenkunden können sich über die Echtzeitbenachrichtigung zum Zahlungsempfang freuen. Für Zahlungsdienstleister in Europa kommt die Verpflichtung zur Erreichbarkeit.

 

Herr Dr. Schopohl, Sie begleiten die Echtzeit-Überweisung in ihrer Entwicklung und Umsetzung seit 2016 als Leiter „Payments – Standards und Services“ bei der SIZ GmbH, einem Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe. Vor zwei Jahren haben Sie bereits mit kartensicherheit.de über eine erste Bilanz nach der Einführung gesprochen.


Was überrascht Sie, wenn Sie heute auf die zwischenzeitliche Entwicklung der Echtzeit-Überweisung schauen?

Am meisten überrascht mich, dass die Echtzeit-Überweisung bei den Geschäfts- und Firmenkunden – anders als bei den Privatkunden – immer noch eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Obwohl mittlerweile viele Kreditinstitute (und insbesondere die Sparkassen) die Einreichung von Echtzeit-Sammelüberweisungen über EBICS anbieten, ist hier die Nutzung noch gering. Vielen Firmenkunden ist anscheinend noch nicht bewusst, dass sie ihre Überweisungssammler relativ leicht auf Instant Payments umstellen können.


Wie stark wird Instant Payment heute genutzt?

Der European Payments Council (EPC) schätzt den Anteil aktuell auf ca. 10% aller Überweisungen. Im Bereich Mobile Banking (z.B. über die S-App) ist diese Quote jedoch deutlich höher. Anders sieht es bei den Geschäfts- und Firmenkunden aus, welche mit ihren Sammelaufträgen ungefähr die Hälfte aller Überweisungen bei den Sparkassen ausmachen (s.o.).


Welche Betragsgrenze gilt mittlerweile?

Die grundsätzliche Betragsgrenze wurde durch den EPC auf 100.000 € festgelegt, d.h. sofern der Zahler berechtigt ist, Überweisungen in dieser Höhe zu initiieren, so kann er sicher sein, dass das Empfängerinstitut den Auftrag verarbeiten kann.


Inwieweit hat die Pandemie das Verfahren beeinflusst?

Im Privatkundenbereich hat die Pandemie durch die verstärkte Nutzung des Online Bankings der Echtzeit-Überweisung nicht geschadet. Im Firmenkundenumfeld sieht dies jedoch anders aus. In Zeiten von COVID müssen sich die Kunden mit ganz anderen existenziellen Problemen auseinandersetzen und haben deshalb die Einführung von Produktinnovationen wie die Echtzeit-Sammelüberweisung oder die neue Echtzeitbenachrichtigung über einen Zahlungseingang deshalb niedriger priorisiert. Aktuell ist leider nicht die Zeit, den Zahlungsverkehr „auf den Kopf zu stellen“.


Welche Bedarfe zur Modifizierung des Verfahrens haben sich herausgestellt – und warum?

Das eigentliche Verfahren SEPA Instant Credit Transfer des EPC ist sehr stabil. Im Umfeld des Verfahrens gibt es einige Felder mit Handlungsbedarf, z.B.:

• Aktuell gibt es noch keine Interoperabilität zwischen den in Europa eingesetzten Clearingverfahren. In einigen Ländern gibt es oftmals Banken, welche ausschließlich an ein nationales Clearingsystem angeschlossen und deshalb aus deutscher Sicht nicht erreichbar sind.
Diese Problematik wird jedoch durch die Erreichbarkeitsverpflichtung für alle Zahlungsdienstleister über TARGET Instant Payment Settlement (TIPS) bis Februar 2022 gelöst.

• Die sofortige Information über einen Zahlungseingang per Echtzeit-Überweisung ist in vielen Fällen für den Zahlungsempfänger sehr interessant. Während es hier für Privatkunden App-basierte Lösungen gibt, gab es bisher für den Firmenkunden keinen permanenten Echtzeitkanal, mit welchem die Information über den Zahlungseingang sofort in das ERP-System des Kunden eingespeist werden konnte. Hierzu wurde der DK-Standard der Echtzeitbenachrichtigung via Websocket geschaffen, welcher mittlerweile von vielen Kreditinstituten umgesetzt wurde.


Welche Erfahrungen haben Sie inzwischen mit Betrugsversuchen gemacht?

Im Bereich der PIN/TAN-Verfahren gibt es, wie bei der normalen Überweisung, verschiedene Angriffsszenarien. Sofern sich der Täter einmal Zugang zum Online Banking des Opfers verschafft hat, nutzt er dann gerne das schnellere „Fluchtfahrzeug“ Echtzeit-Überweisung anstelle der SEPA-Überweisung. Um Angriffe auf das Online Banking zu minimieren, bedarf es umfangreicher Präventionsmaßnahmen. Sofern eine Echtzeit-Überweisung verdächtig erscheint, wird diese abgewiesen oder in den Kanal SEPA-Überweisung umgeleitet, damit anschließend eine manuelle Überprüfung durch das Institut erfolgen kann.


Was sagen Sie einem Teenager, der alles uncool findet, was als Zahlung nicht über sein Smartphone läuft?

Ja, da hat der Teenager durchaus Recht. Für Privatkunden sollte eigentlich alles, was das normale Banking und Bezahlen betrifft, auch über das Smartphone möglich sein.


Wo sehen Sie in der zukünftigen Praxis das größte Feld für die Echtzeit-Überweisung?

Das größte Feld ist sicher dort, wo es wichtig ist, dass der Zahlungseingang schnell erfolgt (z.B. im E-Commerce, bei Online-Vertragsabschlüssen, bei Lieferdiensten, am POS) und der Zahlungsempfänger sofort darüber informiert wird. Um hier den US-amerikanischen Anbietern Paroli bieten zu können, sollte Request to Pay als Treiber für die Echtzeit-Überweisung zeitnah umgesetzt werden.

Herr Dr. Schopohl, vielen Dank für das Gespräch.

Hier können Sie das Interview vom Juni 2019 mit Herrn Dr. Schopohl nachlesen.