Dresdner Kommissariat hebt internationale Bande aus
Am 14.09.2016 wurde am Landgericht Dresden im mittlerweile vierten Prozess innerhalb der strafrechtlichen Aufarbeitung des größten Skimming-Falls Sachsens das Urteil gefällt. Nach bislang drei Verurteilungen von sogenannten „Cashern“ richtete sich die Anklage erstmals gegen einen der Auftraggeber.
Am 26.09.2011 wurde auf Grund eingehender Schadenmeldungen wegen umfangreicher Verwertungshandlungen in Buenos Aires der Abgriff von Zahlungskartendaten am Geldautomaten der SB-Filiale in 01127 Dresden, Großenhainer Str. 78 b festgestellt. Die entsprechende Mitteilung der Konzernsicherheit der Postbank in Bonn erfolgte unmittelbar telefonisch im sachlich zuständigen Kommissariat 32. Im Rahmen der Tatortarbeit wurde der Verdacht bestätigt. In der Deckenplatte über dem Geldautomaten befand sich eine Bohrung. Auf der Rückseite konnten Klebestreifenrest festgestellt werden. Die Isolation der im Deckenzwischenraum verlaufenden Stromleitungen der Beleuchtung war stückweise abgeschmolzen. Alles deutete darauf hin, dass in der Decke eine über 230 V betriebener Kameraeinheit installiert war, welche die Eingabe der PIN aufzeichnete. Im und am Geldautomaten selbst konnten keinerlei Hinweise mehr auf eine erfolgte Manipulation festgestellt werden. Durch die Ermittlungen wurde später festgestellt, dass der Datenabgriff unmittelbar auf einer der Platinen des Kartenlesegerätes im Geldautomaten selbst erfolgt war. Die Täter hatten bereits Ende 2010 herausgefunden, an welchen Kontaktpunkten die Kartendaten des Magnetstreifens unverschlüsselt abgegriffen werden konnten. Diese Begehungsweise wird mittlerweile als „Eavesdropping Device“ bezeichnet.
In den darauffolgenden Tagen gingen in den Polizeirevieren Dresdens insgesamt 248 Strafanzeigen Geschädigter ein. Der Gesamtschaden durch die Verwertung der im Manipulationszeitraum vom 29.07.2011 bis 07.08.2011 abgegriffenen Daten beträgt 267.236,67 €. Die Verfügungen erfolgten ausschließlich in Buenos Aires.
Bereits zu einem frühen Zeitpunkt versuchte der Ermittler, über das BKA Wiesbaden hinsichtlich der Verwertungstaten bei den argentinischen Banken die entsprechenden Videoüberwachungsaufnahmen zu erhalten. Am 08.05.2012 traf ein Päckchen aus Buenos Aires mit mehreren CDs zu insgesamt 16 Videosequenzen mit Verwertungshandlungen ein. Eine Besonderheit der Videoaufzeichnungen war, dass diese neben der hervorragenden Bildqualität teilweise über eine zusätzliche Tonspur verfügen. Die Gespräche waren zwar akustisch unverständlich, konnten jedoch als „rumänisch“ eingeordnet werden. Zur Identifizierung der in den Sequenzen erkennbaren 4 Personen konzentrierte sich der Ermittler daher auf polizeiliche Anfragen in Rumänien und Argentinien. Die Fotos der handelnden Täter wurden über das BKA Wiesbaden mit der Bitte um Identifizierung in die vorgenannten Länder versandt. Im Zuge mehrerer Erkenntnismitteilungen der beiden Länder konnten zunächst drei der vier „Casher“ identifiziert werden. Sie waren im Juni 2012 wegen erneuter Cashing-Taten in Buenos Aires festgenommen und verurteilt wurden. Diese Daten waren im Mai 2012 an einem Bankautomaten in Rom ausgespäht worden. Ihr dritter Komplize hatte Argentinien verlassen. Zu allen drei Personen gab es bereits in verschiedenen europäischen Ländern Erkenntnisse wegen Skimming-Taten.
Die Staatsanwaltschaft Dresden beantragte gegen die identifizierten Täter EU-Haftbefehle. Nachdem der Erste der „Casher“ vor dem Landgericht Dresden zu 6 Jahren und 10 Monaten Freiheitsentzug verurteilt wurde, legte sein Mittäter ein umfangreiches Geständnis ab. Er benannte sowohl den vierten „Casher“ als auch die eigentlichen Hintermänner. Im gestrigen Urteil wurde nun der erste Auftraggeber zu 5 Jahren und 2 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Damit sitzen bislang vier Täter in Haft. Die übrigen Täter werden von der Staatsanwaltschaft Dresden weiterhin mit EU-Haftbefehl gesucht.
Parallel dazu konnte durch die Ermittlungen der Dresdner Kripo der „Erfinder“ dieser Begehungsweise „Eavesdropping Device“ in Rumänien festgenommen werden. Der studierte Elektroniker gilt als sogenannter „Techniker“ und muss sich künftig gemeinsam mit anderen für eine bundesweite Serie von Manipulationen dieser Art verantworten, die 2011 vor der Tat in Dresden in Köln, Solingen, Aachen, Pirmasens, Kelsterbach und Montabaur durchgeführt wurden. Auch noch nach fünf Jahren dauern die Ermittlungen an.