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08/2015

Gastbeitrag: Barclays und die Einführung von Apple Pay – Handlungsmöglichkeiten der Banken

Volker Koppe, Go To Market Lead Central Europe & Nordics, Digital Mobile Proposition bei Visa Europe

Volker Koppe, Go To Market Lead Central Europe & Nordics, Digital Mobile Proposition bei Visa Europe, geht in seinem Gastbeitrag der Frage nach, welche Optionen Banken bei der Einführung neuer, mobiler Bezahlverfahren vor dem Hintergrund der Einführung Apple Pay haben, um auch in Zukunft Lösungen anzubieten, die ihren Kunden optimalen Kundenservice bieten.

Das hatten viele Marktteilnehmer nicht erwartet: Barclays U.K. beteiligte sich – im Gegensatz zu den meisten Wettbewerbern – nicht an Apple Pay, das im Juli in Großbritannien eingeführt wurde, sondern entschied sich zunächst für einen anderen Ansatz: Die Bank stellt ihren Kunden kostengünstig Armbänder, Schlüsselanhänger oder Sticker (z.B. für Smartphones) zur Verfügung, mit denen sie kontaktlos bezahlen können. Barclays vertraut auf seine Kundenkenntnis und hat es riskiert, anders vorzugehen als andere Banken in Großbritannien. Für diese Entscheidung erntete das Unternehmen Kritik in den sozialen Netzwerken – und Häme, als man wenig später „zurückruderte“ und ankündigte, zukünftig auch Apple Pay zu unterstützen.

Andere Banken (selbst in den anderen europäischen Märkten, die alle noch auf Apples Entscheidung für einen Launch warten) scheinen sich dagegen vollständig auf Apple Pay zu konzentrieren. Das bedeutet in der Praxis, dass sie keine alternativen Optionen verfolgen, um z. B. Cloud-basierte Bezahlverfahren für das Betriebssystem Android anzubieten. Dabei könnten die Banken durch solche Projekte wertvolle Erfahrungen sammeln und sich darüber hinaus als Innovatoren im Markt positionieren.

Eine Konsumentenumfrage im Auftrag von Visa Europe aus dem Mai 2015 zeigt, dass deutsche Verbraucher auch davon ausgehen, dass sie in den nächsten fünf Jahren viel häufiger mobil bezahlen werden als bisher. In der repräsentativen Befragung des Marktforschungsunternehmens Populus geben vier von zehn Deutschen an, dass sie im Jahr 2020 mindestens einmal pro Woche mit einem Smartphone, Tablet oder Laptop bezahlen werden.

12 Prozent erwarten, dass sie ihr Smartphone in fünf Jahren sogar täglich zum Bezahlen einsetzen werden. Das sind ermutigende Zahlen – vor allem, weil mobiles Bezahlen bisher kaum für die breite Masse beworben wurde.

Insofern wird das Smartphone in den nächsten Jahren tatsächlich Marktanteile von der konventionellen Geldbörse übernehmen – und Apple Pay (und Android Pay und Samsung Pay und, und …) werden gehörig dazu beitragen. Aber ich bin auch überzeugt, dass Konsumenten weiterhin Karten oder z. B. Armbänder von ihrer Bank nutzen werden, um damit zu bezahlen. Vergessen wir nicht: Bezahlen ist vor allem eine Frage des Vertrauens. Viele repräsentative Studien haben gezeigt, dass Konsumenten ihrer Bank vertrauen, wenn es um Zahlungen geht – aber nicht unbedingt Apple, nicht Google und sicherlich nicht Facebook.

Wie sollten Banken nun reagieren? Zunächst müssen sie einige fundamentale Fragen beantworten, die ihre möglichen Optionen beeinflussen:
 

  • Wie sieht ihre Mobil-Strategie aus und welche Ziele verfolgt diese? Wieso will die Bank mobiles Bezahlen anbieten?
  • Welche Kunden möchte die Bank erreichen? (hier spielen Smartphone-Durchdringung, Betriebssysteme, Hersteller-Marktanteile eine Rolle)
  • Will die Bank eine eigenständige App anbieten oder eine Bezahlfunktion innerhalb des mobilen Bankings integrieren?
  • Wie viel Kontrolle will die Bank über das Nutzererlebnis haben?
  • Was ist ihr angestrebter Zeitplan?

    Wenn diese Fragen beantwortet sind, können Banken entscheiden, ob sie individuelle Optionen prüfen und vielleicht etwas wie Barclays entwickeln oder z. B. Cloud-basierte Verfahren einführen möchten. Oder sie warten, um an anderen Plattformen wie Apple Pay oder Android Pay teilzunehmen.

    Die Erkenntnis aus der Entscheidung von Barclays – und aus der dadurch ausgelösten Diskussion – ist, dass es nicht nur die „eine“ oder nur die „andere“ Lösung für alle Bankkunden gibt. Banken müssen im digitalen Zeitalter mehr denn je dort sein, wo die Konsumenten sind. Und sie müssen den Kunden Bezahlservices auf „ihrem“ System anbieten – das kann iOS sein für die hoch umworbene, weil tech-affine und ausgabefreudige Zielgruppe, aber eben auch Android, das nach wie vor auf 75 Prozent aller neuen Smartphones in Deutschland installiert ist.

    Dies ist zwar keine angenehme Lage für Banken und es erfordert eine Veränderung in ihrem Handeln sowie bei der Entwicklung von Produkten, aber das ist die neue Realität. Nur auf Apple Pay zu warten, ist keine Erfolg versprechende Strategie.


Quelle: http://www.mynewsdesk.com/de/visa

Bildquelle: © Visa Europe 2015