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06/2016

Interview mit Margit Schneider zum 12. Jubiläum von kartensicherheit.de: „Information, Aufklärung und Prävention bleiben im Fokus unserer Arbeit“

Auch im 12. Jahr seines Bestehens erfreut sich das Informationsportal kartensicherheit.de großer Beliebtheit. Doch wie ging es eigentlich damals, im Frühjahr 2004, los? Wie hat sich die Betrugslage im Verlauf der Jahre verändert, und was sind die zukünftigen Herausforderungen für die Sicherheit im Zahlungsverkehr? Wir sprachen darüber mit Margit Schneider, Leiterin des Bereichs Sicherheitsmanagement für Zahlungskarten bei der EURO Kartensysteme.

kartensicherheit.de: Frau Schneider, Sie erinnern sich sicher noch an die Anfänge von kartensicherheit.de...
Margit Schneider: Oh ja, sehr gut sogar. Die Anzahl der Betrugsdelikte war im 1. Halbjahr 2004 rasant auf über 42.000 gestiegen, die Gesamtschäden beliefen sich bereits auf 13 Mio. Euro. Der Bereich Diebstahl und Verluste machte damals allerdings noch den Löwenanteil der Schäden aus. Skimming-Delikte und Kartenfälschungseinsätze an ausländischen Geldautomaten und POS-Terminals gab es zwar, aber noch nicht in dem Ausmaß, wie wir es dann im Verlauf der nächsten Jahre zu sehen bekamen. Aus heutiger Sicht kann man sagen, dass sich die Kartenkriminellen damals bereits ‚positionierten’ und Erfahrungen mit den unterschiedlichen, immer ausgefeilteren technischen Skimming-Gerätschaften sammelten.

Unsere Hauptaufgabe war es, Prävention durch Aufklärung und Information in den Mittelpunkt der Sicherheitswerbung für Zahlungskarten zu stellen. Dies haben wir mit dem Launch von kartensicherheit.de und dem Newsletter umgesetzt und betreiben dies nach wie vor mit Hochdruck. Intensiviert haben wir damals auch unsere Radio-Interviews und Hintergrundgespräche mit Zeitungen und Fachmedien. Unser Angebot an Beratungs- und Schulungsveranstaltungen haben wir ebenfalls verstärkt.

Wie haben Sie in den Folgejahren auf den starken Anstieg der Kartenfälschungsschäden reagiert?
Als die Schäden bis ins Jahr 2010 immer weiter gestiegen sind, zeigte sich, wie wichtig die Präsenz im Internet und eine schnelle, umfassende Aufklärung über die sich ständig ändernden Gefahren und Modus Operandi der Kartenkriminellen sind. Die Intensivierung der Präventionsarbeit und Vernetzung aller am Kartengeschäft Beteiligten sind für eine erfolgreiche Bekämpfung der Kartenkriminalität ebenfalls entscheidende Bestandteile.

Deshalb haben wir erstmals 2005 die jährliche Konferenz „kartensicherheit.de“ ins Leben gerufen. Zu dieser Fachtagung treffen sich seitdem alljährlich rund 140 Kartenexperten von Banken und Sparkassen, Verbänden, Unternehmen, Strafverfolgungsbehörden und Interessierte zum Wissens- und Gedankenaustausch und um neue Kontakte zu knüpfen oder bestehende zu vertiefen. Wie effektiv und effizient der Kampf gegen Kartenbetrug war und ist, haben zahlreiche Fallbeispiele und Erfolge in diesem Bereich umfassend bestätigt.

Wie hat sich kartensicherheit.de über die Jahre entwickelt? Wie wurde und wird das Informationsangebot aktuell angenommen?
Unsere statistischen Auswertungen der letzten 12 Jahre zeigen, dass wir mit dem Informationsspektrum auf der Webseite, und der Themenauswahl der Newsletter richtig lagen. Wir sind auf das sich wandelnde Informationsbedürfnis unserer Leser eingegangen und haben Webseite und Newsletter stetig den aktuellen Erfordernissen angepasst

Die Anzahl der Newsletter-Abonnenten beläuft sich im Öffentlichen Bereich auf circa 2.500, im Premium-Bereich auf knapp 3.100.

Nach wie vor am häufigsten angeklickt oder heruntergeladen werden unsere Informationen zur richtigen Kartensperrung und der SOS-Infopass. So verzeichnen wir pro Monat im Durchschnitt circa 9.000 Zugriffe auf die Rubrik „Kartensperrung“ und der SOS-Infopass wird beinahe tausend Mal heruntergeladen – zur Anfangszeit sogar mehrere tausend Mal! Besucht wird die Webseite im Durchschnitt über 26.000 Mal im Monat.

Und Erfolge konnten Sie ja in der Tat verbuchen ...
Ja, und darauf sind wir sehr stolz. Unser vorrangiges Ziel war es, das Risiko des Kartenmissbrauchs massiv einzudämmen. Überdies galt es, den Dialog aller, am Zahlungsverkehr Beteiligten zu fördern, durch Prävention Missbrauchsfälle zu verhindern sowie über die Schadensentwicklung und Sicherheitswarnungen zu informieren.

Darüber hinaus haben wir auch die Karteninhaber und Verbraucher immer wieder über aktuelle Betrugsszenarien aufgeklärt, zum achtsamen und korrekten Umgang mit Zahlungskarten aufgerufen und diese so für das Thema Sicherheit im kartengestützten Zahlungsverkehr sensibilisiert.

Aufgrund unserer permanenten Berichterstattung stand das Thema bei allen am Kartengeschäft Beteiligten ganz oben auf der Tagesordnung und hat nicht zuletzt die Einführung des EMV-Sicherheitsstandards mit forciert.

Apropos EMV – die Lage hat sich ja seit dessen europaweiter Einführung massiv verbessert. Welchen Herausforderungen gilt es heute noch, und vor allem in der Zukunft, zu begegnen?
Unsere aktuellen Zahlen der Debit-Schadensstatistik zeigen zwar, dass es kaum noch Kartenfälschungsschäden gibt, im Bereich Diebstahl oder Verlust ist jedoch noch immer viel zu tun.

So werden gestohlene oder verlorene girocards noch immer missbräuchlich eingesetzt, und bei circa 70% der Fälle wird sogar gleich beim ersten Betrugsversuch die richtige PIN eingegeben. Dies spricht dafür, dass manche Karteninhaber die Geheimzahl zusammen mit der Karte aufbewahren - und dem Missbrauch damit Tor und Tür öffnen.

Darüber hinaus haben wir das Themenspektrum auf kartensicherheit.de in den letzten Jahren in vielen Bereichen erweitert: So berichten wir regelmäßig über neue Betrugsszenarien an Geldautomaten wie Cash- und Card-Trapping, über Mobile- und Online-Banking, Cybersicherheit, und wie sich Karteninhaber vor den modernen Bedrohungen durch das Internet – Stichwort Phishing – schützen können.

Dann berichten wir natürlich über Innovationen im Bereich Zahlungsverkehr und über Online- und Mobile Payment-Lösungen. Dabei beleuchten wir vorrangig die Sicherheitsaspekte neuer Bezahlmöglichkeiten und -Lösungen – von Biometrie bis hin zu Apple Pay.

Wovon haben Sie in den Jahren am meisten profitiert?
Gute Frage. Da fällt mir als erstes die hervorragende und gewissenhafte Zusammenarbeit mit der Deutschen Kreditwirtschaft, den Institutsvertretern, den Netzbetreibern und Prozessoren, als auch den Ermittlungsbehörden ein. Nicht nur im Redaktionsteam von kartensicherheit.de, sondern auch in den zahlreichen unterschiedlichen, nationalen und internationalen Arbeitskreisen. Hier werden die jeweils aktuellen Bedrohungsszenarien besprochen und Maßnahmen zur Prävention verabschiedet.

Darüber hinaus hat uns die Geschäftsführung der EURO Kartensysteme immer unterstützt und Herr Matl gab jetzt auch den Startschuss für die Präsenz von kartensicherheit.de auf Facebook.

Die Arbeit wird Ihnen also so schnell nicht ausgehen?
Ich denke nicht. Der Wandel im Zahlungsverhalten der Deutschen vollzieht sich sehr langsam, neue Bezahlverfahren werden skeptisch betrachtet und nur zögernd angenommen – auch und insbesondere, weil die Sicherheitsaspekte oftmals weniger stark gewichtet werden. Die girocard mit EMV-Chip und PIN, das electronic cash-Verfahren und das deutsche Geldautomatensystem garantieren hingegen höchste Sicherheit.


Frau Schneider, vielen Dank für das Gespräch!